Zu unserer Ausarbeitung der Variations III von John Cage:

Aus dem Programmheft

Cages Partitur besteht aus 42 auf eine transparente Folie gedruckten Kreisen und einer Anleitung zu ihrer Benutzung. Man wirft sie zunächst auf ein weißes Blatt Papier und isoliert daraus den größten Haufen, in unserem Fall war das der hier abgebildete. Jeder Kreis stellt eine Aktion dar, die durch so viele Parameter bestimmt ist, wie dieser Kreis von anderen Kreisen überlappt wird. Alle weiteren Entscheidungen zur Art der Aktionen und zu den sie bestimmenden Parametern läßt Cage offen.

In unserer Fassung kommen drei verschiedene Materialebenen vor: Ursprünglich haben wir sie als Reden, Laufen, Spielen bezeichnet, dann erweitert auf orale Klangerzeugung , Klangerzeugung (nur) durch Bewegung und Klangerzeugung mit Hilfsmitteln (z.B. Instrumenten). Für das Publikum ist die Auswahl aus praktischen Gründen auf Reden und Laufen reduziert. Bestimmte Unterscheidungen lassen sich für alle diese Elemente treffen: Laut-leise, schnell-langsam, frei-vorgegeben, gleichmäßig-ungleichmäßig. Alle Aktionen können ihre Dauer entweder vorgegeben bekommen oder aus sich selbst heraus entwickeln. Allen Aktionen kann der Einsatzzeitpunkt vorgegeben werden (relativ zu einer anderen Aktion oder absolut) oder ihr Anfang kann frei entschieden werden.

Beim Ausarbeiten der Partitur stellt sich die Frage, wie sehr man selber “komponieren“ will, wie sehr man sich - analog dem Werfen der Kreise - zufälligen Entscheidungen hingeben möchte. Wir haben die verschiedenen Parameter auf einzelne Karteikarten geschrieben. Pro Überschneidung mit einem anderen Kreis haben wir eine Karte gezogen und nach der Größe der Überschneidung den Wert des darauf verzeichneten Parameters bestimmt. Mit diesem Schritt kommen wir zu Angaben wie: Reden, attacca, mittellaut, frei, schnell.

Erst jetzt kommen wieder eigene Entscheidungen mit ins Spiel. Welche Aktionen können die festgelegten Parameter erfüllen? Welchen Vorrat an möglichen Aktionen kann ich mir schaffen, um nur das, was festgelegt sein muß, im Voraus zu entscheiden? Alle nicht bestimmten Variablen können entweder im Voraus, genau so gut aber auch von den Ausführenden während der Aufführung nach eigenem Gutdünken oder in Anpassung an die Situation entschieden werden. Eine von Cages Anweisungen in der Partitur lautet: “Leave room for the use of unforeseen eventualities.“

Schließlich blieb noch die Frage der Stimmen für das Publikum: Ist es nötig, die Vorgaben hier präziser auszuarbeiten? Oder reicht es aus, auf das Nutzen von Instrumenten und anderen Hilfsmitteln zu verzichten? Wir haben uns für einen Weg entschieden, der hoffentlich beide Möglichkeiten offenhält: An den Stellen, an denen Festlegungen getroffen werden müssen, haben wir sie in die Partitur geschrieben. Außerdem finden Sie in Ihrer Partitur die Variablen, die nach unserer Lesart bestimmt sind. Darüber hinaus machen wir für die einzelnen Aktionen Vorschläge, die aber ebensowenig wie die Teilnahme an der Ausführung des Stückes überhaupt bindend sind.

Die so entstandenen Partituren sind hier zu finden: Publikumspartitur A, Publikumspartitur B


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